Social Media hat sich in den vergangenen Jahren zum festen Kommunikationskanal der meisten Smartphone-Benutzer entwickelt. Das sind rund 57 Millionen Menschen. Während anfangs vor allem Urlaubsfotos und Rezepte ausgetauscht wurden, wird mittlerweile über gesellschaftliche Entwicklungen diskutiert. Der Werte-Index 2020 zeigt, dass diese Entwicklung nicht ohne Folgen bleibt.
Der Werteindex ist eine Analyse der Diskussionsbeiträge in deutschsprachigen Social-Media-Kanälen. Herausgeber sind Professor Peter Wippermann und Jens Krüger vom Trendbüro. Die alle zwei Jahre durchgeführte Auswertung zeigt auf, welche Werte aktuell in unserer Gesellschaft an Bedeutung gewinnen. Für den Werte-Index 2020 wurden rund 3,3 Millionen Postings im vergangenen Sommer/Herbst analysiert.
Die ersten drei Plätze:
Im aktuellen Werte-Index 2020 zeigt sich eine interessante Veränderung für die Werte Natur und Nachhaltigkeit. Sie haben im Ranking einige Plätze verloren, nicht aber in der Bedeutung. „Natur wurde in den Gesprächen noch nie so häufig mit politischen Forderungen verbunden, wie aktuell. Die bisherige Diskussion hat das Heile, Ursprüngliche und Schöne verloren“, schreibt das Trendbüro in einer Mitteilung.
Werte Freiheit und Sicherheit bleiben unverändert
Ein Grund ist die Veränderung im an gesprochenen Nutzungsverhalten. „Die sozialen Medien sind vermehrt Raum für öffentliche Diskussionen.“ Auf manche Werte hat dies einen starken Einfluss, auf andere dagegen kaum. Gesundheit, Familie und Erfolg liegen immer auf den Spitzenplätzen, lediglich die Reihenfolge ändert sich geringfügig. Die Werte Freiheit und Sicherheit bleiben unverändert auf den Rängen vier und fünf. Beim Wert Freiheit lässt sich allerdings die verstärkte Politisierung in der Diskussion zum Beispiel durch vermehrte Gespräche in den Kategorien „Unabhängigkeit von Institutionen“ beobachten. Um den Wert Sicherheit ist eine starke Diskussion der prominenten Position des Staates als Sicherheitsgarant erkennbar.
Die Werte Natur und Nachhaltigkeit verlieren dagegen in der persönlichen Kommunikation stark an Relevanz. Nachdem die Natur im Jahr 2018 in einem kontinuierlichen Aufstieg an der Spitze des Rankings angelangt war, fällt der Wert nun auf Platz sieben zurück. Gleichzeitig gibt es in den Diskussionen um die Natur tiefgreifende Veränderungen. In der Vergangenheit mit „Schönen, Wahren und Ursprünglichem“ verbunden, geht es in der aktuellen Kommunikation eher um kritische und politische Wortmeldungen. Es herrscht Einigkeit über die Notwendigkeit wirksamer Maßnahmen zum Umwelt- und Klimaschutz.
„Diese Consumer Generation schafft schon heute die Basis, auf der sie Unternehmen und Marken zukünftig an ihrer Echtheit und ihrer Haltung messen werden. Es reicht nicht mehr, eine schöne Welt zu präsentieren, sondern es gilt aktiv mitzuarbeiten. Heißt, wer das Thema spielen möchte, muss auch abliefern.“
Herausgeber Jens Krüger, Trendbüro
Auch beim Wert Nachhaltigkeit dominiert eindeutig das Thema Ökologie. Die Themen der Fridays for Future Bewegung finden sich gleichzeitig bei anderen Werten wie Freiheit, zum Beispiel in der Einschränkung durch neue Umweltauflagen und Gesetze oder im Wert Gerechtigkeit in Bezug auf Generationengerechtigkeit wieder. „Die Natur hat ihre Natürlichkeit als reinen Marketingkontext verloren und ist nun Teil einer breiteren politischen und gesellschaftlichen Diskussion, die weniger in Social-Media stattfindet“, so Herausgeber Jens Krüger.
Gleichzeitig blickt die Generation Z hinter die Lifestyle Fassade und führt eine aktive Diskussion um die Werte von Morgen, der sich Politik und Wirtschaft nicht entziehen könnten.“ Krüger: „Diese Consumer Generation schafft schon heute die Basis, auf der sie Unternehmen und Marken zukünftig an ihrer Echtheit und ihrer Haltung messen werden. Es reicht nicht mehr, eine schöne Welt zu präsentieren, sondern es gilt aktiv mitzuarbeiten. Heißt, wer das Thema spielen möchte, muss auch abliefern.“
Beim Wert Natur werden die kritischen Themen wie Umwelt- und Klimaschutz stärker von der Generation Y als von älteren Generationen diskutiert. Zudem wird die Diskussion insgesamt eher von Männern als von Frauen geführt. Ansonsten zeigt sich ein ähnliches Diskussionsverhalten zwischen Generationen und Geschlechtern.
Weniger Lifestyle, mehr Politik
Die thematische Veränderung der Diskussionsinhalte zeigt sich in einer Verschiebung von weniger Lifestyle zu mehr Politik. Die Analyse zeigt ein höheres Level an kritischen und reflektierten Meinungsäußerungen. Es geht weniger um die alltäglichen Dinge des Lebens oder Lifestyle Themen und die Gespräche werden insgesamt kritischer, politischer und handfester. Am auf Rang sieben gefallenen Wert Natur ist diese Veränderung am deutlichsten zu erkennen. Aber sie zeigt sich auch in den Werten Erfolg, Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit.
„Die jüngeren Generationen haben einfach schon mal gemacht und das oft ganz anders als die Älteren es gewohnt sind. Sie verfolgen andere Ziele als die Generationen davor. Sie erwarten einen anderen Sinn hinter politischen oder geschäftlichen Entscheidungen“, erläutert Trendforscher und Herausgeber Peter Wippermann den aktuellen Generationenkonflikt. „Aber für alle, die etwas besser machen wollen, sind es jetzt gute Zeiten.“