Vertrauen in Schieflage

Das Vertrauen der Bevölkerung in die gesellschaftlichen Institutionen befindet sich aktuell in Schieflage. Zwar wächst das Vertrauen sowohl global als auch in Deutschland leicht, doch die Menschen schauen eher pessimistisch in die Zukunft.

© S. Hermann & F. Richter/Pixabay

Das Vertrauen der Bevölkerung in die gesellschaftlichen Institutionen befindet sich aktuell in Schieflage. Zwar wächst das Vertrauen sowohl global als auch in Deutschland leicht, doch die Menschen schauen eher pessimistisch in die Zukunft. Hinzu kommt, dass die Kluft zwischen dem Vertrauen der informierten und jenem der breiten Öffentlichkeit stark auseinandergeht. Der Unterschied in Deutschland liegt im Jahr 2020 bei 20 Indexpunkten. Das zeigen die aktuellen Daten des 20. Edelman Trust Barometers. Darin hat Edelman über 34.000 Menschen in 28 Märkten zu ihrem Vertrauen befragt.
Insgesamt vertrauen die Deutschen den Institutionen noch immer nicht („Distrust-Bereich“ bei Trust- Score unter 49 Prozent) und belegen im globalen Vertrauensranking nur Platz 19 von 28 Märkten. In Deutschland klettert das Vertrauen von 44 Indexpunkten im vergangenen Jahr auf 46 Indexpunkte

Der Druck auf die Institutionen nimmt zu – vor allem, wenn man sich die Einstellung der Deutschen gegenüber der Zukunft anschaut.

Die vertrauenswürdigste Institution sind hierzulande die Medien (49 %, +5 %pkt.) vor Wirtschaft (48 %, +1 %pkt.), Regierung (45 %, +5 %pkt.) und NGOs (43 %, -1 %pkt.). Global liegt das Vertrauen in die vier Institutionen Regierung, Wirtschaft, Medien und NGOs bei 54 Indexpunkten und konnte damit 2020 um einen Indexpunkt zulegen. „Es ist zwar erfreulich, dass sich das Vertrauen der Gesamtbevölkerung in Deutschland leicht erholt hat. Im internationalen Vergleich sind 46 Indexpunkte dennoch kein guter Wert. Der Druck auf die Institutionen nimmt zu – vor allem, wenn man sich die Einstellung der Deutschen gegenüber der Zukunft anschaut. Unternehmen müssen das klare Signal als Motivation verstehen, weiter am Vertrauen zu arbeiten“, sagt Christiane Schulz, CEO von Edelman Deutschland.

Menschen zweifeln am System

Denn: Nur 23 % der Deutschen blicken optimistisch in ihre ökonomische Zukunft. Deutschland ist damit das drittpessimistischste Land nach Japan (15 %) und Frankreich (19 %). Und: Die Menschen zweifeln am System. Nur 12 % der deutschen Befragten (global 18 %) geben an, dass das aktuelle System für sie arbeitet, 55 % (global 56 %) finden, dass der Kapitalismus in seiner heutigen Form mehr schadet als hilft. „Die Menschen sind bei der Klimakrise, im technologischen Wandel und in politisch unruhigen Phasen weiter auf der Suche nach Antworten. Zuletzt verlangten sie dafür besonders den Einsatz der Unternehmen. Weil die Wirtschaft jedoch bislang keine ausreichenden Antworten gibt, stellen immer mehr Menschen das kapitalistische System selbst in Frage“, sagt Christiane Schulz.

Kluft zwischen informierter und breiter Öffentlichkeit

Das Trust Barometer 2020 zeigt zudem: Die Vertrauenskluft zwischen der informierten und der breiten Öffentlichkeit ist enorm – noch nie war in so vielen Märkten der Unterschied größer. Während das Vertrauen der informierten Öffentlichkeit global bei 65 Punkten liegt, ist das Vertrauen der breiten Öffentlichkeit 14 Punkte niedriger (51 Punkte). In Deutschland zeigt sich sogar ein massiver Unterschied von 20 Punkten (informierte Öffentlichkeit 64 Punkte vs. breite Öffentlichkeit 44 Punkte).



Institutionen müssen stärker zusammenarbeiten

Fakt ist, eine einzelne Institution kann das Vertrauensruder nicht herumreißen. Vielmehr ist Zusammenarbeit gefordert. Die Ergebnisse machen deutlich, dass Unternehmen den Wandel nicht allein anführen können. Vielmehr sollten sie eine stärkere Rolle einnehmen und Katalysator für Veränderung sein. „Bewegungen wie das Greta-Phänomen, die sich mit ihren gesellschaftlichen Forderungen ganz klar auch an Unternehmen richten, wird es künftig häufiger geben. Aus meiner Sicht müssen Unternehmen immer mehr in der Lage sein, solche Anliegen und Bewegungen zu erkennen und sie in ihre Unternehmens- und Kommunikationsstrategien einbeziehen. Nur so können sie angemessen agieren“, sagt Christiane Schulz.

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