Nachhaltigkeit führt in der Film- und Fernsehindustrie noch immer ein Nischendasein. Das konnten alle bisherigen Initiativen nicht wirklich ändern. Nun machen Schauspieler und Schauspielerinnen einen neuen Anlauf und wollen die klimaneutrale Film- und Fernsehproduktionen voranbringen.
Wenn die kulinarische Begleitung der Oscar-Verleihung zu rund 70 Prozent aus vegetarischen Gerichten besteht, dann reicht den Organisatoren diese Information trotzdem für Clippings aus der ganzen Welt. Schon deutlich origineller ist da der rote Teppich der Berlinale, der aus 1,6 Tonnen Meeresmüll hergestellt wurde. Es sind solche Meldungen, mit denen die Branche eine grüne Haltung vorgaukelt, die einer näheren Überprüfung kaum standhält. Dabei gab es und gibt es interessante Ansätze, die zeigen, wie klimaschonendere Film- und Fernsehproduktionen realisierbar sind.
Klimaschädliche Arbeitsweisen am Set vermeiden
Zu wenig, meint das kreative Filmpersonal. „Wir möchten mehr Eigenverantwortung übernehmen, um das „Grüne Drehen“ voranzubringen“, schreiben die Initiatoren der Initiative Changemakers.film. „Wir verpflichten uns dazu, klimaschädliche Arbeitsweisen am Set, die wir aus eigener Praxis kennen, zu vermeiden.“ Es fehlte offenbar noch an einer klaren Positionierung von Schauspielern und Schauspielerinnen, beschreiben die Initiatoren Miriam Stein, Pheline Roggan und Moritz Vierboom sowie der Regisseurin Laura Fischer, ihre Beweggründe. In dreizehn Bereichen sollen die Unterzeichner der Selbstverpflichtung Verantwortung übernehmen und sich für eine klimaschonende Filmproduktion einsetzen.
Nach einer Studie der Universität von Kalifornien aus dem Jahr 2006 soll die Branche pro Jahr rund 15 Millionen Tonnen CO2 produzieren. Eine durchschnittliche Filmproduktion soll nach Schätzungen rund 500 Tonnen CO2 verursachen. Je größer die Produktion und, umso aufwendiger die Special-Effekts, umso höher auch der CO2-Ausstoß. Für aufwendig produzierte Blockbuster können das mehrere tausend Tonnen CO2 sein. Dabei ist die spätere Verwendung im Kino, als DVD oder im Stream noch nicht berücksichtigt. Eine Studie der British Academy of Film and Television Arts hat errechnet, dass die Produktion für eine Stunde TV-Programm ca. 13 Tonnen CO2 verursacht. Detaillierte Angaben zu einzelnen Produktionen gibt es noch selten. Die Branche, egal ob Film oder Fernsehen, ist in puncto Klimaschutz und transparentes Reporting noch am Anfang, auch wenn einzelne Akteure deutlich vorpreschen.
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Einer dieser Vorreiter ist der deutsche Filmproduzent Roland Emmerich, der für seinen Film „The Day After Tomorrow“ alle CO2-Emissionen kompensiert hat. Das war 2004 und in Hollywood eine Premiere. Rund 10.000 Tonnen CO2 sollen durch die Produktion des Films – der sich auch inhaltlich mit dem Klimawandel beschäftigt – verursacht worden sein. Für die Kompensation hat Emmerich 200.000 US-Dollar in ein Aufforstungsprojekt investiert. Heute würde die Kompensation nicht mehr ausreichen. Vermeiden statt kompensieren heißt inzwischen die Devise, wie beispielsweise beim ersten grünen Tatort im Jahr 2016.
Kein Plastik, kein Fleisch, kein Flugzeug
Dabei haben ließen sich schnell klimaschonendere Alternativen am Filmset finden. So führt der Einsatz von LEDs bei der teilweise sehr energieintensiven Beleuchtung zu signifikanten Kosten- und CO2-Einsparungen. Doch nicht immer ist die Alternative ohne Aufwand und Verzicht zu realisieren. Das ist auch den Initiatoren von Changemakers.film klar. Sie kennen die teilweise klimaschädliche Arbeitsweise am Set und setzen genau dort an. So sollen beispielsweise die Transfers zu den Drehorten mit umweltfreundlichen Transportmitteln umgesetzt werden wie Bahn und Elektroautos. Eine biologisches und fleischarmes Catering sollen für weitere Einsparungen sorgen, ebenso wie die Vermeidung von Abfall und Plastik.
Weil diese Punkte nicht nur am Filmset relevant sind, sollen sich die Unterzeichner der Erklärung auch für grünes Storytelling einsetzen und dabei ihre Vorbildfunktion ausfüllen. „Es geht darum, zu überprüfen, ob die Bilder und Begehrlichkeiten, die wir erschaffen, der Geschichte wirklich zuträglich sind oder ob sie einfach nur auf gewohnte Selbstverständlichkeiten zurückzuführen sind, die vor dem Hintergrund der Klimakrise überdacht werden sollten“, heißt es in der Erklärung, die inzwischen von mehr als 300 Filmschaffenden unterzeichnet wurde.