Pensionskassen im Nachhaltigkeits-Check

Wie die 18 größten deutschen Pensionskassen ESG-Kriterien bei der Kapitalanlage berücksichtigen, wurde in einer Studie von Facing Finance untersucht. Dabei wurden teilweise deutliche Defizite sichtbar und wenig Bereitschaft zum Dialog.

Für die Studie „Deutsche Pensionskassen – bereit für nachhaltige Geldanlage?“ wurden Kapitalanlagerichtlinien von 18 der größten deutschen Pensionskassen hinsichtlich ihrer ESG-Kriterien ausgewertet.

Rund 18 Billionen US-Dollar Vermögen verwalten die weltweit größten Pensionskassen. Ein gigantischer Hebel für nachhaltiges Investment. In welchem Umfang die 18 größten Pensionskassen in Deutschland ESG-Kriterien bei der Anlage berücksichtigen, wurde in einer Studie untersucht. Das Urteil ist ernüchternd.

Insgesamt sind in Deutschland 135 Pensionskassen bei der BaFin registriert. Sie verwalten das Vermögen von Millionen von Arbeitnehmern, die auf ihre betriebliche Altersvorsorge zur Ergänzung der gesetzlichen Rente vertrauen. Doch die tun sich in Zeiten von Nullzinsen sehr schwer ihre Verpflichtungen zu erfüllen. Die Situation durch die aktuelle Corona-Pandemie hat diesen Trend nochmal verstärkt. Aktuell sind 36 Pensionskassen gefährdet und stehen unter strenger Beobachtung der Finanzaufsicht.

Signifikante Defizite in Bezug ESG-Kriterien

Auf der anderen Seite gelten Pensionskassen als wichtige Investoren für eine Transformation der Wirtschaft und dem Ausbau eines nachhaltigen Finanzsystems. Doch auch an dieser Stelle werden die Institute den Ansprüchen nicht gerecht, wie eine aktuelle Studie der NGO Facing Finance zeigt. Für die Studie „Deutsche Pensionskassen – bereit für nachhaltige Geldanlage?“ wurden Kapitalanlagerichtlinien von 18 der größten deutschen Pensionskassen hinsichtlich ihrer ESG-Kriterien ausgewertet. Sie attestiert den Pensionskassen, die insgesamt rund 100 Milliarden Euro verwalten, teils signifikante Defizite in Bezug auf ihre Nachhaltigkeitsrichtlinien bei den Anlageentscheidungen.

„Angesicht der gegenwärtigen Herausforderungen in Bezug auf Klima, Umwelt und Menschenrechte und der Lenkungswirkung von Investmententscheidungen müssen auch Pensionskassen ihre Investitionsentscheidungen transparent gestalten und verbindlich an relevanten ökologischen und sozialen Standards sowie völkerrechtlichen Verpflichtungen orientieren.“

Thomas Küchenmeister geschäftsführender Vorstand von Facing Finance

Nur 7 Anbieter haben in ihren Anlagekriterien konkrete Ausschlusskriterien formuliert und veröffentlicht, beschränken sich dabei aber meist auf kontroverse Waffen wie beispielsweise Landminen. Nur 3 Anbieter verzichten auf Investments in den Abbau und die Nutzung von Kohle, haben dafür aber zusätzliche ökonomische Anforderungen wie eine Umsatzschwelle formuliert. Bei Verstößen gegen Normen und Standards werden  vor allem Kinderarbeit, Menschenrechtsverletzungen und Korruption genannt.

Oft scheitert es schon am Commitment, denn nur ein kleiner Teil der Kassen hat sich zu den Zielen des UN Global Compact verpflichtet. Auch zur Einhaltung der Prinzipien für verantwortliches Investieren, PRI, haben sich erst 3 Anbieter durch ihre Unterzeichnung verpflichtet. Selbst die BaFin beklagte zuletzt, dass nur 16 Prozent der deutschen Versicherer und Pensionsfonds Standards wie PRI oder PSI (Prinzipien für nachhaltige Versicherung) unterzeichnet haben.

Kaum Dialogbereitschaft

Für 10 Anbieter konnten die Autoren keinen Nachweis finden, dass deren Portfolios regelmäßig nach ESG-Kriterien bewertet werden. ESG Screening und Engagement-Dialoge mit (kontroversen) Unternehmen werden auch erst von 7 Anbietern geführt. Ist man sich der ungenügenden Ausgestaltung der Anlagerichtlinien bewusst? Das Dialogangebot von Facing Finance wurde eher zögerlich betrachtet und 8 Anbieter waren an einem Dialog grundsätzlich nicht interessiert.

Quelle: Facing Finance-Studie „Deutsche Pensionskassen – bereit für nachhaltige Geldanlage?“

„Ein Grund für die Nichtbeachtung von ESG-Kriterien ist sicherlich eine fehlende staatliche Regulierung, die über Pflichten zur ESG-Berichterstattung hinausgeht“, sagt Julia Dubslaff, Projektleiterin bei Facing Finance und Autorin der Studie. „Dabei hat sich längst gezeigt, dass freiwillige Verpflichtungen bei den Investoren keine signifikante Veränderung bewirken, geschweige denn in der Realwirtschaft. Wir brauchen gesetzliche Mindeststandards für die Integration von sozialen und ökologischen Standards in der Kapitalanlage.“


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Unzureichende Informationspolitik

Die Studie verdeutlicht zudem die unzureichende Information der Versicherten über die Berücksichtigung von ESG-Kriterien bei der betrieblichen Altersversorgung. Rund zwei Drittel der Verbraucher wissen laut einer für die Studie durchgeführten forsa Umfrage nicht, ob ihr Anbieter die Beiträge nachhaltig orientiert anlegt, was aber fast die Hälfte der Befragten erwartet. Lediglich 12% sagen, dass ihr Anbieter entsprechende Kriterien bereits in den Anlageprozess eingebunden hat. Auch Verbraucherschutzorganisationen fordern mehr Nachhaltigkeit von den Pensionskassen. „Die deutschen Anbieter von betrieblicher Altersversorgung zeigen für Nachhaltigkeit viel zu wenig Interesse und ignorieren häufig damit auch den mehrheitlichen Willen ihrer Kunden“, so Annabel Oelmann, Vorständin der Verbraucherzentrale Bremen e.V.

Untersuchte Pensionskassen

  • Allianz Lebensversicherung AG
  • Allianz Versorgungskasse VVaG
  • Barmer Pensionskasse VVaG
  • BASF Pensionskasse VVaG
  • Bayer-Pensionskasse VVaG
  • BVV a.G.
  • Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG
  • Hamburger Pensionsrückdeckungskasse
  • neue leben Pensionskasse AG
  • Pensionskasse Degussa VVaG
  • Pensionskasse Hoechst-Gruppe VVaG
  • Pensionskasse Wacker Chemie VVaG
  • pro bAV Pensionskasse AG
  • R+V Pensionskasse AG
  • R+V Pensionsversicherung a.G.
  • Sparkassen Pensionskassen AG
  • VBL

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