Ist die Wende eingeleitet?

Der Klimaschutz-Index 2020 zeigt ein uneinheitliches Bild. In 31 von 57 untersuchten Staaten sind die Emissionen rückläufig. Deutschland konnte sich leicht verbessern. Allerdings gibt es noch einige große Staaten, die sich diesem Trend zu widersetzen versuchen - vor allem die USA.

© Thomas Feldhaus

Ein zwiespältiges Bild zeigt der beim Klimagipfel in Madrid vorgestellte Klimaschutz-Index: Australien, Saudi-Arabien und insbesondere die USA geben mit ernüchternd schlechten Werten bei Emissionen, Erneuerbaren Energien und Klimapolitik Anlass zu großer Sorge. Bei diesen drei massiv von der Kohle- und Öl-Lobby beeinflussten Regierungen sind bisher kaum Anzeichen für eine ernsthafte Klimapolitik in Sicht. Auf der anderen Seite verzeichnet mehr als die Hälfte der 57 größten Emittenten über mehrere Jahre betrachtet sinkende Emissionstrends, der globale Kohleverbrauch geht deutlich zurück und der weltweite Boom bei den Erneuerbaren Energien ist ungebrochen. „Der neue Klimaschutz-Index zeigt Anzeichen für eine globale Wende bei den Emissionen, aktuell verzeichnet mehr als die Hälfte der großen Emittenten einen sinkenden CO2-Ausstoß. Allerdings gibt es noch einige große Staaten, die sich diesem Trend zu widersetzen versuchen – vor allem die USA. Wir sehen Anzeichen einer bevorstehende Stagnation der weltweit steigenden Emissionen – aber viel wird von den weiteren Entwicklungen in China und den Wahlen in den USA abhängen“, so Ursula Hagen (Germanwatch), eine der Autorinnen des von Germanwatch und dem NewClimate Institute erstellten Index.

„Wir sehen Anzeichen einer bevorstehende Stagnation der weltweit steigenden Emissionen – aber viel wird von den weiteren Entwicklungen in China und den Wahlen in den USA abhängen.“

Ursula Hagen, Germanwatch

Da sich bisher keines der untersuchten Länder auf einem mit den Pariser Klimazielen zu vereinbarendem Pfad befindet, bleiben die ersten drei Plätze des Index unbesetzt. Während aber einige EU-Staaten wie Schweden (4.) als erneuter Spitzenreiter und Aufsteiger Dänemark (5.) – zurück unter den Bestplatzierten – gute bis sehr gute Ergebnisse vor allem bei Erneuerbaren Energien und Klimapolitik vorzuweisen haben, kann sich Deutschland (23.) von seiner bisher zweitschlechtesten Platzierung im Vorjahr nur leicht erholen. „Während Deutschland noch relativ gut beim Fünf-Jahres Trend der Erneuerbaren im Energiemix und der Bewertung der internationalen Klimapolitik abschneidet, bekommt es weiterhin nur mäßige Noten für die nationale Klimapolitik und schneidet schlecht bei Emissionen und Energieverbrauch pro Kopf ab“, erläutert Prof. Niklas Höhne vom NewClimate Institute. „Zwar ist das Klimapaket ein Schritt in die richtige Richtung, doch dieser ist mutlos und zu klein.“

„Der beabsichtigte Kohleausstieg und das Klimapaket weisen in die richtige Richtung, aber gemessen an der notwendigen Geschwindigkeit ist das zu wenig. Jetzt wird es beim Klimagesetz darauf ankommen, dass das wissenschaftliche Monitoring funktioniert und schnell nachgebessert wird“, sagt Ursula Hagen. „Deutschland kann sich deutlich verbessern, wenn sich die Bundesregierung engagiert für eine Erhöhung des EU-Klimaziels für 2030 auf mindestens minus 55 Prozent einsetzt. Zudem muss der fast zum Erliegen gekommene Ausbau der Windkraft an Land endlich wiederbelebt werden und im Verkehrssektor, in dem bisher überhaupt keine Emissionen abgebaut wurden, müssen ernsthafte Schritte für eine Verkehrswende angegangen werden.“

Der aktuell größte Emittent China kann sich noch einmal leicht verbessern auf Rang 30 („mäßig“). China punktet mit einem sehr guten Abschneiden im Fünf-Jahres-Trend beim Anteil der Erneuerbaren am Energiemix und relativ guten Politikbewertungen, schwer wiegt allerdings weiterhin das schlechte Abschneiden bei Emissionen und Energieeffizienz. Sollte China seine umfangreichen Planungen für neue Kohlekraftwerke umsetzen, droht ein herber Rückfall in den Keller des Rankings.

Nur zwei G20-Staaten im führenden Feld der Rangliste

Während mit Großbritannien (7.) und Indien (9.) nur zwei G20-Staaten in der Kategorie „gut“ zu finden sind, befinden sich acht G20-Staaten in der schlechtesten Kategorie des Index. Besonders negativ fallen dabei Australien (56. von 61), Saudi-Arabien und vor allem die USA auf – letztgenannte tauschen die Plätze, die USA lösen damit erstmals Saudi-Arabien als Schlusslicht ab. Unter der Trump-Administration erreichen die USA in fast allen Kategorien die Bewertung „schlecht“ oder „sehr schlecht“, in der Kategorie Klimapolitik nur noch unterboten von Australien, das auf Basis der Beurteilung von Klimaexperten aus dem Land 0 von 100 möglichen Punkten erhält.



„Die Ergebnisse der in der G20 versammelten 19 stärksten Wirtschaftsnationen plus EU sind in großen Teilen alarmierend. Gerade dort muss sich beim Klimaschutz viel mehr tun. Ermutigend sind aber aktuelle Entwicklungen zum Beispiel in Kanada, wo die Klimapolitik ein zentrales Thema im Wahlkampf war; und auch die EU kann einen großen Schritt voran machen, wenn ambitionierte Projekte wie der European Green Deal künftig auch mit einem deutlich verbesserten Klimaziel für 2030 und schneller Umsetzung untermauert werden. Viele G20-Staaten müssten, die im kommenden Jahr fällige Erhöhung der Klimaziele für 2030 frühzeitig vornehmen, um so andere Staaten mitzuziehen – 2020 ist das Jahr für ambitionierte Ankündigungen“, so Niklas Höhne. (PM Germamwatch)

Zum Klimaschutz-Index:
Der globale Klimaschutz-Index erscheint seit 2005 jährlich und wird seit 2017 in modifizierter Form von Germanwatch und dem NewClimate Institute zusammen erstellt sowie gemeinsam mit dem Climate Action Network veröffentlicht. Er umfasst ein Ranking der 57 größten Emittenten weltweit (Chile ist nun erstmals dabei) plus die EU gesamt, auf sie entfallen gut 90% der globalen energiebedingten Emissionen. Der Index betrachtet in den einzelnen Staaten vier Bereiche: Treibhausgas-Emissionen (40% der Gesamtwertung), Erneuerbare Energien (20%), Energieverbrauch (20%) und Klimapolitik (20%, bewertet von Experten/innen aus dem jeweiligen Land). Zudem wird die Frage beantwortet, inwieweit das jeweilige Land in den Bereichen Emissionen, Erneuerbare Energien und Energieverbrauch adäquat handelt, um die Pariser Klimaziele erreichen zu können.

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